Äthiopien
Ein Land mit vielen Facetten
Das östliche Afrika, das Gebiet, in dem Äthiopien liegt, wird auch als die Wiege der Menschheit bezeichnet. Lange bevor es Schrift gab, lebten hier Menschen und Vormenschen. Äthiopien ist das zehntgrößte Land in Afrika, in dem aktuell 105 Millionen Menschen leben. Es ist rund dreimal so groß wie Deutschland. Die Bevölkerung Äthiopiens setzt sich aus ungefähr 80 ethnischen Gruppen zusammen, die zwischen mehreren Millionen und nur wenigen Hundert Menschen umfassen können. Damit ist Äthiopien ein Vielvölkerstaat, in dem über 80 Sprachen gesprochen werden. Die Amtssprache ist Amharisch. Am meisten aber wird Oromo gesprochen. So heterogen wie die ethnische Zugehörigkeit ist auch die religiöse: Die wichtigsten Glaubensgemeinschaften sind die äthiopisch-orthodoxen Christen und die sunnitischen Muslime. Dazu kommen Katholiken, Siebenten-Tags-Adventisten, Neuapostolische Kirche, Anhänger von Naturreligionen, Angehörige der äthiopisch-evangelischen Kirchen, Hindus und Sikhs.
Kaiser und Kirchen
Monumente wie die Schloßruinen von Gondar oder die berühmten Felskirchen von Lalibela sind Zeugnisse der christlich geprägten Hochkultur Äthiopiens. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche gilt als die zweitälteste Kirche der Welt und verfügt über eine eigenes, unabhängiges geistliches Oberhaupt: der Abuna. Der Ursprungsmythos der Kirche und gleichzeitig der kaiserlichen Dynastie ist die Legende der Königin von Saba. Diese Königin soll über ein großes Reich im Norden des heutigen Äthiopien zur Zeit des biblischen König Salomo geherrscht haben. Eines Tages zog sie mit ihrem Hofstaat nach Jerusalem, um den berühmten König kennenzulernen. Die beiden Monarchen verliebten sich ineinander und zeugten der Legende nach einen Sohn: Menelik I. Menelik brachte die Bundeslade aus Jerusalem nach Äthiopien (angeblich befindet sie sich noch immer in einer kleinen Kirche in Axum) und herrschte nach dem Tod seiner Mutter über das Reich. Er gilt als Gründungsvater der kaiserlichen Dynastie, die sich deshalb auch immer als "salomonische" Dynastie verstanden hat. Im ausgehenden 19. Jahrhundert dann eroberte sein Namensvetter und vorletzter amtierender Kaiser von Äthiopien, Menelik II. große Gebiete im Süden des heutigen Staates. Eine innerafrikanische Expansion. Außerdem besiegte Menelik II. eine italienische Expeditionsstreitmacht, die vom bereits kolonialisierten Eritrea aus versuchte, in Äthiopien einzufallen.
Ein Land im Wandel
Der Transport von Nahrungsmitteln aus Gebieten Äthiopiens mit Überschüssen in hungerbetroffene Landesteile wird durch die mangelhafte Infrastruktur erschwert. Daher ist Äthiopien auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Die Abhängigkeit von internationaler Hilfe und ihre problematischen Folgen tragen ebenfalls ihren Teil zum Hungerproblem bei und sollen mit längerfristig angelegten Entwicklungsstrategien der äthiopischen Regierung und internationaler Hilfsorganisationen verringert werden. Das Bild Äthiopiens in der europäischen Wahrnehmung ist immer noch geprägt von Dürren und Hungerkatastrophen, vor allem in den 1980er und -90er Jahren. Auch zu Beginn der 2000er waren schätzungsweise 49% der Bevölkerung unterernährt und auch in "guten" Erntejahren bleiben Millionen Äthiopier auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Hauptursache des Hungers ist die Dürre, verschärft durch verbreitete Entwaldung und Erosion. Darüber hinaus wird der Transport von Nahrungsmitteln aus Gebieten Äthiopiens mit Überschüssen in von Hunger betroffene Landesteile durch die mangelhafte Infrastruktur erschwert. Gleichzeitig befindet sich das Land vor allem in den letzten 10 Jahren in einem tiefgreifenden Wandel. Ausländische Investitionen, vor allem in die Verkehrsinfrastruktur, aber auch in Industrie und Handel, haben in den städtischen Zentren zu einem Anstieg des Wohlstands gesorgt. Addis Abeba etabliert sich immer mehr als Verkehrsdrehscheibe in Ostafrika und erlebt einen dynamischen, wirtschaftlichen Aufschwung. Dieser Aufschwung erreicht jedoch nur Teile der Gesellschaft und kontrastiert mit den unveränderten Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung. Das BIP pro Kopf für das Jahr 2018 listet das Land auf Platz 165 von 181.Dennoch sind die Fortschritte auch im Gesundheitswesen deutlich. Schwerwiegende Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder HIV/Aids verzeichneten innerhalb der letzten Jahre einen starken Rückgang. Lag die Inflationsrate von HIV 2006 noch bei 6,6 %, liegt sie 2018 bei ca. 1 % bei der erwachsenen Bevölkerung. Durch die Aufklärung über Schutzmaßnahmen und die Verteilung von Moskitonetzen ist die Zahl neuer Fälle von Malaria seit dem Jahr 2000 um den Faktor elf zurückgegangen.
Auch der Verein HilfsWaise e.V. hat diese Veränderung beobachten können. Anfangs bestand der Grund für die Aufnahme von Kindern in den drei Heimen oft im Todesfall der Eltern durch Aids. Heute stellen wir fest, dass meist ein Elternteil durch eine unbekannte Krankheit verstorben ist, weil kein Geld für den Arzt vorhanden war. Der verbleibende Teil der Familie kann in der Folge dann meist nicht mehr für das Kind aufkommen, so dass es in die Obhut eines Waisenhauses gegeben werden muss, damit es nicht zum Straßenkind wird. Leider gibt es bislang keine staatlichen Waisenhäuser. An dieser Stelle setzt Hilfswaise e.V. an.